Auch in diesem Schuljahr waren die 9. Jahrgangsstufen an zwei Terminen wieder zu Gast im Hospizhaus Bamberg. Ingeborg Fitz, seit 30 Jahren in der Begleitung Sterbender tätig, begrüßte wieder „Ihre“ Wirtschaftsschüler/-innen und fesselte sie mit ihren „Gleichnissen“, wie sie ihre Erfahrungen mit Sterbenden nennt. Frau Fitz fasziniert die Jugendlichen immer wieder mit spannenden, traurig-schönen oder tragikomischen Erfahrungen.
Ihr Einblick in ihre Arbeit und ihr Plaudern aus dem Nähkästchen ihrer Arbeit sensibilisiert die Jugendlichen stets dafür, dass Tod zum Leben gehört, dass man fröhlich sein kann, auch wenn man viel mit dem Sterben zu tun hat. Zum Lachen ist tatsächlich die Begebenheit, dass ein Patient am Hals der Hospizhelferin riechen wollte und in dem Moment, als er es tat, die Schwester hereinkam und fragte „Was macht ihr denn da?“ Einfach nur traurig hingegen ist die Geschichte des 50-jährigen Familienvaters, der seine Frau mit drei kleinen Kindern und einem neu gebauten Haus hinterlässt und dessen große Sorge es ist, dass er im Winter nicht mehr Schnee schippen kann für seine Familie. Frau Fitz ist beim Erzählen noch sichtlich davon bewegt, wie dieser Mann darüber hadert, dass ihm so viele Jahre genommen wurden. Anrührend ist die Geschichte von der Frau, die nicht mehr geredet hat und plötzlich sagt: „Schee, mach weiter“, als Frau Fitz ihr zumindest den Rücken streichelt.
Frau Fitz berichtet auch von den letzten Wünschen der Menschen, die hierherkommen: vom Rundflug eines Patienten über Bamberg, vom Obdachlosen, der jeden Abend sein Bier bekommen hat, von der Bäuerin, der ihr „Hennala“ gebracht wurde und von der Frau, die wenige Tage vor ihrem Tod noch hier geheiratet hat, um als Ehefrau sterben zu können. Und dann ist da auch noch der böse Mann, der ihr nur entgegenschleudert „Geh wech!“. Er hat den gleichen Jahrgang wie Frau Fitz und sie meint nur zu ihm: „Wie kann jemand, der zum besten Jahrgang des letzten Jahrhunderts gehört, so bös sein?“ – „Du bist so alt wie ich? Geh her, Madla!“, so die Reaktion des Mannes, der dann, nachdem das Eis gebrochen ist, davon erzählt, dass die Familie bereits ums Erbe streitet, obwohl er noch gar nicht tot ist und dass er daher niemanden mehr sehen möchte „von der Bagage“.
Die Jugendlichen interessierte in diesem Jahr vor allem: wie wird man damit fertig, dass man ständig mit Sterben und Tod zutun hat? Frau Fitz ist die „fleischgewordene“ Antwort: ihre humorvolle Art, ihr Lächeln bei gleichzeitiger Ernsthaftigkeit, mit der sie ihren Umgang mit den Sterbenden angeht: der Tod gehört zum Leben und ist nichts, wovor man Angst haben muss. Sie selbst meint, dass sie mit den Jahren gelassener und demütiger wurde. Und sie empfiehlt, dass mehr Menschen hierherkommen und die Begegnung suchen sollten – die Menschen würden insgesamt bescheidener werden.
Die Frage danach, ob sie selbst Angst vor dem Tod hat, beantwortet sie mit dem gewohnten Schalk im Nacken, indem sie den Kabarettisten Jochen Busse zitiert: „Der Tod steht noch nicht vor der Tür – er sucht aber schon einen Parkplatz!“ Unsere Schule kann nur hoffen, dass diese Parkplatzsuche noch lange dauern und Frau Fitz noch vielen Jugendlichen unserer Schule künftig solch eindrucksvolle Begegnungen ermöglichen kann.